Allgemeinverfügung des Rheingau-Taunus-Kreises


Aufgrund von § 28 Abs. 1 Satz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Februar 2020 (BGBl. I S. 148) in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst vom 28. September 2007 (GVBl. I S. 659), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2018 (GVBl. S. 82), ergeht folgende

Allgemeinverfügung

betr. Durchführung von Veranstaltungen

1.    Die Durchführung von öffentlichen und privaten Veranstaltungen mit mehr als 1.000 erwarteten Teilnehmenden über einen längeren Zeitraum gleichzeitig, im Gebiet des Rheingau-Taunus-Kreises wird untersagt.

2.    Die Anordnung tritt in Kraft mit Wirkung ab 13. März 2020, 8 Uhr und gilt bis einschließlich 10. April 2020.

3.    Eine Anfechtungsklage gegen diese Anordnung hat gem. §§ 16 Abs. 8, 28 Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes keine aufschiebende Wirkung.

4.    Auf die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1 enthaltene Anordnung gem. § 75 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes wird hingewiesen.

Begründung

Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde Veranstaltungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Bei COVID-19 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG, der sich in Hessen derzeit stark verbreitet. Im gesamten Land Hessen wurden bereits Kranke, Krankheits- und Ansteckungsverdächtige festgestellt.

Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von COVID-19 über Tröpfchen, z.B. durch Husten, Niesen, und durch teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es zu Übertragungen von Mensch-zu-Mensch kommen.

Das Verbot von Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern dient insbesondere dem Zweck, eine Ausbreitung von COVID-19 zeitlich und räumlich zu verlangsamen und in der gegenwärtigen Lage insbesondere von der noch anhaltenden Influenzawelle zu entkoppeln. Eine zeitlich langsamere Ausbreitung hat den Vorteil, dass die medizinischen Versorgungssysteme über einen größeren Zeitraum in Anspruch genommen werden und die punktuelle Belastung geringer bzw. eine Überlastung vermieden wird.

Bei Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die folgenden, eine Weiterverbreitung von COVID-19 begünstigenden Sachverhalte in stärkerem Maße vorliegen als bei kleineren Veranstaltungen:

·         Räumliche Nähe der Teilnehmer.

·         Überregionale Auswirkungen auf die Verbreitung von COVID-19, da mehr Menschen aus Nachbarregionen, anderen Bundesländern oder mit internationaler Herkunft die Veranstaltung besuchen. Dies hat sowohl Auswirkungen auf einen möglichen Eintrag von Erkrankungen in eine Region als auch auf die Weiterverbreitung über regionale Grenzen hinaus.

·         Eine Nachverfolgung von Kontaktpersonen und daraus folgende Maßnahmen der zuständigen Behörde gegenüber den Kontaktpersonen sind für den Fall, dass ein Teilnehmer im Nachhinein positiv auf COVID-19 getestet wird, nicht bzw. schlechter möglich.

·         Im Hinblick auf die derzeit kaum mit der nötigen Gewissheit sicher zu prognostizierende weitere Entwicklung müssen neben Risikogruppen, insbesondere den höheren Altersgruppen, auch die dauerhafte Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geschützt werden.

·         Hygiene-Maßnahmen, die das Risiko einer Ausbreitung von COVID-19 einschränken, können die Risiken bei solch großen Veranstaltungen nicht ausreichend senken. Ihre Einhaltung kann auch nicht umfassend sichergestellt werden.

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist die zeitlich befristete Verbotsanordnung im Hinblick auf das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes gegenüber anderen Rechten verhältnismäßig und gerechtfertigt.

Gem. §§ 16 Abs. 8 und 28 Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes hat eine Anfechtungsklage gegen diese Anordnung keine aufschiebende Wirkung. Eine aufschiebende Wirkung kann nur durch eine entsprechende gerichtliche Entscheidung eintreten.

Auf eine Anhörung konnte gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetz verzichtet werden.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Klage bei dem

Verwaltungsgericht Wiesbaden – Justizzentrum -

Mainzer Straße 124

65189 Wiesbaden

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichtes oder elektronisch unter Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) erhoben werden.

Die Klage muss den Kläger, den Beklagten (Rheingau, vertreten durch den Kreisausschuss) und den Streitgegenstand bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, der angefochtene Bescheid soll in Urschrift oder Abschrift beigefügt werden. Der Klage und allen Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Wir weisen darauf hin, dass gemäß § 16 Abs. 8 IfSG Ihre Klage keine aufschiebende Wirkung hat.

Gegen die sich daraus ergebende sofortige Vollziehbarkeit unserer Verfügung können Sie beim Verwaltungsgericht Wiesbaden, Mainzer Straße 124, 65189 Wiesbaden, einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung stellen.

Hinweise:

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Nichtbeachten unserer sofort vollziehbaren Verfügung eine Straftat darstellt, die nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird.

 

 

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Monika Merkert

Kreisbeigeordnete

 

 

 

 

 

Über die vorstehende hessenweite Allgemeinverfügung hinaus empfiehlt das Gesundheitsamt des Rheingau-Taunus-Kreises allen Veranstaltern nur dann Veranstaltungen durchzuführen, wenn folgende Bedingungen eingehalten werden:

1.    Während der Veranstaltung darf keine Person die Veranstaltungsflächen bzw. den Veranstaltungsraum betreten, die:

a)         an einer Erkrankung mit akuten respiratorischen Symptomen oder Fieber leidet,

b)         sich in einem Zeitraum von weniger als drei Wochen vor der Veranstaltung in einer Region mit gehäuftem Auftreten von Corona-Fällen (Risikogebiet) aufgehalten hat bzw. mit einer bekannten Corona-infizierten Person Kontakt hatte,

c)         nicht bei Einlass mit Name, Anschrift und Telefonnummer zur Rückverfolgung registriert wurde.

2.    Eine gute Belüftung des Veranstaltungsortes muss gewährleistet sein.

3.    Allen Personen, die an der Veranstaltung teilnehmen, werden bei Zutritt allgemeine Informationen über die Gefährdungssituation sowie über allgemeine Maßnahmen des Infektionsschutzes (Handhygiene, Abstand halten, Husten- und Schnupfenhygiene) zur Verfügung gestellt.

4.    Für alle Besucher steht ausreichend Raum zur Verfügung, um einen individuellen Personenabstand von 1 m einzuhalten.

5.    Die Toilettenräume und Türgriffe werden bereits vor der Veranstaltung und dann während der Veranstaltung mindestens stündlich einer desinfizierenden Reinigung unterzogen.

6.    Nach der Veranstaltung erfolgt eine desinfizierende Reinigung der Veranstaltungsräume, der Küchenbereiche, der Toilettenanlagen und der Garderoben.

7.    Pro 50 Teilnehmer steht ein befüllter Desinfektionsmittelspender zur Verfügung, dessen Befüllung 30 minütig kontrolliert wird.